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Corona/Covid-19 contra Präsenzpflicht: Müssen Schülerinnen und Schüler am Präsenzunterricht teilzunehmen?

Lange war der Prä­senz­unter­richt an all­gemein­bil­den­den Schulen aus­ge­setzt. Nun fol­gen die ersten Schrit­te zurück zum Normal­betrieb. Viele Eltern stellen sich daher aktu­ell die Frage, ob die Teil­nahme am Prä­senz­unter­richt ange­sichts der anhal­ten­den Corona-Pan­de­mie ver­pflich­tend ist.

Recht auf körperliche Unversehrtheit

Grund­sätz­lich gilt: Die Teil­nahme am Prä­senz­unter­richt ist ver­pflich­tend. Dieser Pflicht lässt sich nicht ohne Weite­res das Grund­recht auf Leben und kör­per­liche Unver­sehrt­heit ent­gege­hal­ten. Zwar folgt aus diesem Grund­recht nicht nur ein Abwehr­recht gegen staat­liche Ein­griffe, sondern ver­mit­telt darüber hinaus auch die Pflicht des Staates, sich schüt­zend vor Beein­trächti­gungen der körper­lichen Unver­sehrt­heit zu stellen (vgl. VGH Baden-Württem­berg, Beschluss vom 18. September 2020 - 1 S 2831/20 – juris).

Recht auf Bildung/ staatlicher Bildungsauftrag

Auf der anderen Seite aber sind die ent­gegen­stehen­den Belange und Rechte der Betrof­fenen zu berück­sich­tigen, ins­beson­dere das Recht der Schüler­innen und Schüler auf Bil­dung sowie der ver­fas­sungs­recht­lich ver­bürgte staat­liche Bil­dungs­auf­trag aus Art. 7 Abs. 1 GG. Hier­bei ist zu berück­sich­tigen, dass der Unter­richt an allge­mein­bil­de­nden Schulen nur dann effek­tiv ist, wenn er unter Berück­sich­tigung des Lehr­plans als Prä­senz­unter­richt erfolgt (vgl. Verwal­tungs­gericht Berlin, Beschluss vom 25. November 2020 - 3 L 618/20 - juris Rd 39).

Recht auf Teilhabe

Bildungs­forscher und Prakti­ker aus dem Bil­dungs­bereich hätten, so das Verwal­tungs­gericht Berlin, anläss­lich der Corona/Covid-19-Pan­demie nach­voll­ziehbar dargelegt, dass ein Über­gang vom Präsenz­unter­richt zu Formen des schulisch angeleiteten Lernens zu Hause vor allem Schülerinnen und Schüler aus sozial benachteiligten Lebensverhältnissen schwer tref­fen kann und geeig­net ist, ohne­hin beste­hende Ungleic­hei­ten auf­grund der sozialen Her­kunft zu ver­tiefen.

Corona als allgemeines Lebensrisiko

Zudem for­dert das Grund­gesetz kei­nen voll­komme­nen Schutz vor jeg­licher Gesund­heits­gefahr. Nach Auf­fassung des Bundes­verfas­sungs­gerichts gelte dies im Zusam­men­hang mit der Corona/­Covid-19-Pandemie umso mehr, als ein „gewis­ses Infektions­risiko mit dem neu­arti­gen Corona-Virus derzeit für die Gesamt­bevöl­kerung zum allge­meinen Risiko gehöre“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 2020 - 2 BvR 483/20 - juris Rd 9). Die Teil­nahme am Präsenzunterricht ist danach verpflichtend, solange durch geeignete Maßnahme sichergestellt ist, dass dem Infektionsschutz Rechnung getra­gen und die betrof­fenen Schüler­innen und Schüler schul­besuchs­fähig sind.

Befreiung aufgrund bestehender Grunderkrankung

Zur Prü­fung der Besuchs­fähig­keit bedarf es eines qualifi­zier­ten Attests, an des­sen Inhalt hohe Anfor­de­rungen zu stel­len sind. Aus dem Attest muss sich regel­mäßig nach­vollzieh­bar er­geben, welche konkret zu benen­nenden gesund­heit­lichen Beein­trächti­gungen bei Berück­sichti­gung der all­ge­einen Hygiene­vor­schriften auf­grund des Schul­besuchs als­bald zu erwar­ten sind und woraus diese im Einzel­nen resul­tierten, etwa auf­grund einer bestehen­den Grund­er­krankung der betrof­fenen Schüler­innen und Schüler oder eines Haus­halts­ange­hörigen. Darüber hinaus muss im Regel­fall erkenn­bar werden, auf welcher Grund­lage der attes­tierende Arzt zu seiner Ein­schätzung gelangt ist (hierzu im Einzel­nen: Ver­waltungs­gericht Neus­tadt, Beschluss vom 15. Oktober 2020 - 5 L 827/20.NW - juris Rd. 24ff.).

Differenzierung nach Risikogruppen

Schließ­lich ist zu berück­sichtigen, dass Kinder nicht zu einer von Corona/­Covid-19 beson­ders betrof­fenen Risiko­gruppe gehören. Nach den bisher vor­liegen­den wissen­schaft­lichen Erkennt­nissen erkran­ken Kinder selte­ner an Corona/Covid-19 und sie haben im Falle einer Erkran­kung zumeist einen atypi­schen bzw. milden Verlauf (vgl. Ver­waltungs­gericht Regens­burg, Beschluss vom 17. September 2020 - RO 14 E 20.2226 - BeckRS 2020, 24055, Rn. 29). → zurück


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